Bereits zur Tradition geworden ist die jährliche Tagung des Internationalen Freundeskreises der Evangelischen Theologischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag (Spolek). Das Thema der diesjährigen Tagung lautete: „Temno / Finsternis? Kultur und Religion im barocken Prag“. Ehemalige und gegenwärtig Studierende der Fakultät, Freunde und Bekannte sowie ein neuer Kreis von Interessierten aus dem In- und Ausland waren eingeladen. Mit gegen 40 Teilnehmenden blieb die Atmosphäre familiär,
Die samstägliche Fachtagung eröffnete der Vorsitzende des Spolek, der Theologe und Historiker Daniel Neval, mit einem Einleitungsreferat zum Weltbild des Barock. Eine Konkretisierung fanden seine Ausführungen in der Rezitation einiger barocker Gedichte. Frau Dr. Alena Janatkova stellte das Barockverständnis einiger deutschsprachiger Kunsthistoriker des 19. Jahrhunderts vor. Dr. Jan Fiala hob in seinem Referat die Schrecken der Gegenreformation hervor, welcher er als totalitäre Diktatur mit der kommunistischen Herrschaft verglich. Vom Begriff der Gegenreformation deutlich getrennt verstand er zumindest die Höhepunkte der barocken Kultur als ein Phänomen des Protestantismus. Fialas Standpunkt widersprach Dr. Peter Morée, indem er primär für eine pluralistischere Sichtweise jenseits der konfessionellen und politischen Gräben plädierte. Die anschliessende lebhafte Diskussion drehte sich um drei Grundfragen: 1. wie die Begriffe „Barock“ und „Gegenreformation“ voneinander abzugrenzen sind – Kunst als Mittel der Macht?; 2. ob die Zeit nach der Schlacht am Weissen Berg von 1620 zurecht als eine Zeit der „Finsternis“ bezeichnet werden kann; 3. ob und inwiefern die Zeit der Gegenreformation in Böhmen als „totalitäre Diktatur“ mit der kommunistischen Herrschaft verglichen werden könne.
Grossen Anklang fand nach einem stärkenden Mittagessen bei den Franziskanern das Nachmittagsprogramm mit zwei Führungen. Erst wurde. anhand der verschiedenen Kunstwerke in der Tejnskirche die konfessionellen Spannungen erläutert. Anschliessend wurde jesuitischen Bau des Clementinums vorgestellt. Trotz Sonnenschein schlich sich die Kälte allmählich durch alle Kleiderschichten vor, so dass die anschliessende Pause gelegen kam, um sich in einem Café bei einem heissen Getränk zu wärmen. Auf die Mitgliederversammlung folgte ein geselliger Abend, aufgelockert durch verschiedene „barocke“ Einlagen von wunderbarem Gesang von Sängerinnen des Chorus Carolinus aus Kladno bis zum vorgetäuschten Blitzbesuch eines ausländischen Kulturattachés.